Mittwoch, 23. Oktober 2013
Die kinderstehlenden „Zigeuner“ – 1936 und heute
Nun plötzlich ein weiterer Fall in dem ein blondes Mädchen aus einer Romafamilie geholt wurde, diesmal in Irland. Mir scheint, dass das alte Vorurteil der kinderstehlenden „Zigeuner“ tatsächlich wieder salonfähig wird – den Medien sei auch Dank.

Dazu möchte ich mal ein paar Zitate aus dem Buch „Zigeuner“ aus dem Jahre 1936 geschrieben von Martin Block bringen. Block war ein deutscher Ethnologe, der sich vor allen Dingen mit „den Zigeunern“ beschäftigt hat. Wie man sich vorstellen kann, war eine solche Beschäftigung mit Sinti und Roma geprägt von rassistischen Vorurteilen gegenüber dieser Ethnie.

Hier mal zwei Zitate zum Thema Kindsraub aus seinem Buch:

„[…] Kinderstehlen wird bei fast jedem plötzlichen Verschwinden eines Kindes zunächst einmal den Zigeunern zur Last gelegt, besonders wenn einige ihres Volkes in der Nähe des Ortes gewesen sindm in dem der angebliche Raub geschah. In den meisten Fällen stellt sich dann aber nachträglich die Haltlosigkeit der Anschuldigungen des Menschenfressens und des Kinderstehlens heraus. […]“

Immerhin deutete Blocks Text schon 1936 an – wenn auch eher unabsichtlich – dass die Sache mit dem Kinderstehlen (und dem Menschenfressen) nicht ganz der Wahrheit entspricht – seiner Auffassung nach zumindest nicht immer.

Ein weiteres Zitat, das ich in voller Länge bringen muss, wegen der für heutige Leser krassen Sprache:

„[…] Diese große Kinderliebe geht nun sogar so weit, dass sie zu ihrem eigenen Kinderreichtum noch andere fremde annhemen, manchmal, freilich so gut wie fast nie, wohl auch noch „finden“. Kinder, recht viele Kinder ist Leben, das füllt ihr Leben, das bringt Bewegung, Veränderung, das ist der Sinn ihres Lebens.
Wohl aus einem Rasseinstinkt heraus ist das Aufnehmen fremder Kinder zu verstehen. Der Selbsterhaltungstrieb der Zigeuner als Rasse verlangt es. Sie fühlen instinktiv, daß durch das Heiraten innerhalb eines und desselben Stammes mit der Zeit gewisse Inzuchterscheinungen auftreten, denen sie begegnen müssen. Es genügt nicht, daß das Zigeunerblut durch Zuzug von neuen Zigeunersippen aus Nachbarländern, mit denen sie sich ungern vermischen, aufgefrischt wird, denn das wäre ja wieder reines Zigeunerblut, fremdes Blut muß es sein. Ohne sich dessen bewußt zu werden, beugen sie dadurch dem Untergang ihrer Rasse vor, die nicht den Vorzug hat wie die unsrige, eine große Mischungsbasis gehabt und aus mehreren einander verwande Rassen sich zusammengesetzt zu haben.

In den wenigen Fällen, wo dieser sogenannte Kinderdiebstahl vorkommt, sind die Kinder den Zigeunern von unehelichen Müttern gebracht worden, die wissen, daß ihr Kind bei den Zigeuner gut aufgehoben ist und es ihm vielleicht besser gehen wird, als wenn es bei der Mutter geblieben wäre. Ein solches Kind erfährt nie seine wahre Herkunft. Es wird groß unter Zigeunern, es wird von allen verhätschelt, es ist der Liebling des Stammes, und wenn es erwachsen ist, wird es an einen waschechten Zigeuner verheireatet. Mädchen werdend eshalb lieber aufgenommen als Knaben.
[…]“

Nun stürzen sich also die Medien darauf – weißes Mädchen aus Romafamilie entnommen. Unabhängig davon, ob die betroffenen Roma die Mädchen nun entführt oder adoptiert haben, ist es doch klar, dass hier ein altes, rassistisches Vorurteil wieder belebt wird. Man braucht eigentlich nicht zu sagen, dass hinter der Mehrheit der entführten Kinder nicht Roma stecken, aber auf den Minderheiten wie den Roma lässt es sich gerade zu diesen Zeiten schon rumhacken.






***************************************************************************
Gefällt Dir dieser Blog? Dann unterstütze ihn in Facebook! „Like“ jetzt, lass Dich auf dem Laufenden halten und diskutiere mit!

Bitte hier klicken.
***************************************************************************

... link (0 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 20. Oktober 2013
“Zigeuner” – alte Vorurteile wiederbelebt
Derzeit geistert die Meldung durch die Medien, dass ein blondes Mädchen in einem Romalager entdeckt wurde und seinen nicht-leiblichen Roma-Eltern weggenommen wurde, die es angeblich entführt haben sollen.

Als ich diese Meldung zum ersten Mal las, musste ich sofort an ein jahrhundertealtes Vorurteil gegenüber Sinti und Roma denken. Kindsraub oder gar das Verspeisen von („weißen“ Kindern natürlich) ist ein alter Stereotyp mit dem die so genannten „Zigeuner“ schon lange zu kämpfen haben (nachzulesen z. B hier: Guenter Lewy, The Nazi Persecution of the Gypsies, S. 14, URL oder Joachim S. Hohmann, Geschichte der Zigeunerverfolgung in Deutschland, S. 27.). Wenn man ein bisschen „googelt“, stößt man auf allerlei abenteuerliche „Social Media“-Geschichten über „Zigeuner“, die angeblich Kinder zwecks Organentnahme und -verkauf entführen würden.

Die Geschichte aus Griechenland und die Art der Berichterstattung darüber gibt diesem alten Vorurteil wieder neuen Schwung. Wie schön es doch ist, wenn man eine Minderheit hat, die man für alles verantwortlich machen kann. Noch schöner ist es wenn dies über Jahrhunderte funktioniert.




***************************************************************************
Gefällt Dir dieser Blog? Dann unterstütze ihn in Facebook! „Like“ jetzt, lass Dich auf dem Laufenden halten und diskutiere mit!

Bitte hier klicken.
***************************************************************************

... link (1 Kommentar)   ... comment


Freitag, 21. Dezember 2012
Der Hype um den „Weltuntergang“
Der ganze Medienrummel um den 21. Dezember 2012 geht sicher nicht spurlos an den Menschen (der westlichen Welt) vorbei. Die Geschichte mit dem „Weltuntergang“ nach Maya-Kalender, der aber eigentlich ein Wechsel des Zeitalters ist, kennt mittlerweile jeder, dafür sorgen die Medien ja schon.

Möglicherweise interessant wird morgen, am 21.12.2012 sein, welche Bekloppten – bedingt durch den Hype um den „Weltuntergang“ – sich zu irren Taten hinreissen lassen. Irgendwelche Amokläufe just an dem Tag oder Selbstmorde verblendeter Sektenfuzzis würden mich ehrlich gesagt nicht überraschen.

Interessant wäre auch zu sehen, was geschehen würde, wenn Terroristen ausgerechnet am 21.12.2012 einen spektakulären hinkriegen würden. Sie würden dadurch diesen Endzeit-Hype ausnutzen, wonach es bestimmt genügend Leute geben würde, die ihre potentielle Tat als ein „Endzeitzeichen“ oder so sehen würden. Oder vielleicht würde ja Assad Chemiewaffen gegen die Türkei oder Israel einsetzen oder der Iran die Atombombe zünden oder vielleicht würden beide durchdrehen. Kurz, jede Tat mit größeren Auswirkungen, die am morgigen 21.12.2012 ausgeführt wird, kann im Nachhinein schön mit Prophezeiungen und derlei Kram in Verbindung gebracht werden, was derartigen Taten auch noch künstlich mehr Bedeutungskraft verleihen würde. Wer weiß schon, wer auf dieser Erde gerade diesen (medialen) Endzeit-Hype für etwaige perfide Zwecke ausnutzen möchte!?
Die Antwort bekommen wir morgen oder aber die Maya-Steintempel-Raumschiffpyramide holt uns alle – nein, nur einige wenige – ab und fliegt sie zum Planeten Melmac.



***************************************************************************
Gefällt Dir dieser Blog? Dann gefällt er Dir vielleicht auch in Facebook! „Like“ jetzt, lass Dich auf dem Laufenden halten und diskutiere mit!

Bitte hier klicken.
***************************************************************************

... link (0 Kommentare)   ... comment


Samstag, 18. Februar 2012
Menschen, die in journalistischen Artikeln unerkannt bleiben wollen
Immer wieder stößt man auf journalistische Artikel aus Zeitungen und Zeitschriften in denen Personen vorkommen, die unerkannt bleiben wollen bzw. sollen. Ihre Namen werden nicht genannt, ihre Gesichter verpixelt. Gleichzeitig aber liefert ein solcher Artikel oftmals jede Menge andere Angaben, z. B. über Alter, Beruf, Familienstand, Körperbau etc. der betreffenden Personen. Teilweise geht das so weit, dass ich das Gefühl hatte, dass diese Personen überhaupt nicht unerkannt bleiben können, zumindest nicht vor Menschen, die die Personen kennen und dann auch den Artikel, in der sie vorkommt, lesen.


Spiegel könnte gleich den Namen schreiben

Ein Paradebeispiel für diese Art der Schreibweise, könnte der Leitartikel über Depressionen im Spiegel Nr. 6 vom 6. Februar 2012 sein. Darin wird u. a. der Fall einer Mainzerin geschildert, die an Depression erkrankt ist. Die letzten Sätze des Spiegel-Artikels behandeln noch einmal die Mainzerin:

Die 43-jährige Juristin aus Mainz ist noch nicht so weit. In diesem Herbst mussten ihre beiden Töchter auf Station 7 der Klinik für Psychatrie kommen, wenn sie ihre Mama sehen wollten. Bei ihrer Arbeit darf das niemand wissen. In der Behörde heißt es, die Chefin fehle – weil sie einen Bunout habe.

Der Name der Mainzer Juristin und ihr Aussehen wird nicht gezeigt, allerdings erhält man im Laufe des Artikels genung Informationen, um ihre Identität herauszufinden, zumindest ihre Kollegen von der Arbeit werden sie wohl wieder erkennen, wenn sie den Spiegel-Artikel lesen. Man erfährt ihren Wohnort (Mainz), ihren Arbeitsplatz (städtische Behörde in Mainz), ihren Beruf (Volljuristin, Führungsposition; Leiterin der städtischen Behörde), Details über ihre Familie (zwei Töchter, verheiratet, Ehemann war/ist arbeitslos), ihr Alter (43 Jahre) und den offiziellen Grund ihres Fehlens am Arbeitsplatz (Burnout). Zum letzten Punkt ist zu sagen, dass Burnout und Depression dasselbe sind, aber Burnout offenbar gesellschaftlich anerkannt ist und gar eine Art Leistungsnachweis ist, während Depression eher als etwas peinliches, unangenehmes gesehen wird, weshalb lieber der Begriff Burnout verwendet wird.
Der Spiegel schreibt in oben zitiertem Abschnitt, dass die Mitarbeiter der Mainzer Juristin nichts über das Ausmaß ihrer psychischen Erkrankung erfahren sollen. Aber jeder ihrer Kollegen, der diesen Artikel liest wird wohl unvermeidlich Rückschlüsse auf ihre Person schliessen können. Ihr Name und ihr Gesicht wird zwar nicht gezeigt, aber es werden so viele andere personenbezogene Informationen geliefert, dass sie zumindest für ihre Kollegen einfach zu identifizieren ist.


Was beabsichtigt der Spiegel?

Mir stellt sich jetzt die Frage, ob das überhaupt relevant ist, da wissenschaftlich gesehen Burnour und Depression ein und dasselbe sind oder ob der Artikel schon vor längerer Zeit geschrieben wurde und die Mainzer Juristin wieder gesund ist und es somit ruhig so veröffentlich werden kann? Was sagt die Mainzer Juristin zu diesem Artikel? Wusste sie, dass zwar nicht ihr Name, aber durchaus jede Menge andere Informationen veröffentlich werden, die sie für ihre Arbeitskollegen identifizierbar machen? Oder sind solche Sätze wie: „bei ihrer Arbeit darf das niemand wissen“ nur ein stilistisches Mittel, um Spannung zu erzeugen, einen runden Abschluss für den Artikel zu schaffen oder die gesellschaftliche Bedeutung von Depression/Burnout noch einmal hervorzuheben?
Offen bleibt natürlich auch, ob die Informationen denn überhaupt stimmen. Vielleicht benutzen Journalisten in solchen Artikeln gezielt falsche Informationen, um die Person für den Leser greifbarer zu machen. Die Juristin ist in Wahrheit vielleicht gar nicht aus Mainz, sondern aus Köln, auch nicht 43 Jahre alt, sondern 53, usw.. Gut vorstellbar, dass es so läuft, aber man nicht gerne darüber redet, weil es irgendwie einen negativen Touch haben kann.



Unerkannt bleiben oder in Gefahr geraten

In zahlreichen anderen Artikeln von Journalisten werden Menschen erwähnt, die unerkannt bleiben wollen, weil sie beispielsweise eine Ansicht haben, die in ihrem Land den Tod zur Folge haben kann. Großsspurig schreiben die Journalisten dann, dass die Person, bei der sie offenbar zu Besuch sind, um sie in ihren Artikel einzubeziehen, unerkannt bleiben will, weil sie sonst von ihren Mitmenschen umgebracht wird, und so weiter. Gleichzeitig aber werden, wie im Fall der Mainzer Juristin, jede Menge andere Informationen gelieftert, mit deren Hilfe sie von Bekannten durchaus identifiziert werden kann. Große, international erhältliche Zeitschriften wie der Spiegel sind ja keine Provinzblätter. Durchaus denkbar, dass ein Bekannter einer Person aus einem solchen Artikel den Artikel liest oder irgendeine Organisation oder Menschengrupe gar versucht die Person aus dem Artikel mit Hilfe des Artikels zu identifizieren.
Ich frage mich wie oft so etwas wohl schon passiert ist und ob sich Personen, die sich einem Journalisten zur Verfügung stellen, überhaupt bewusst sind, dass der Journalist zwar nicht Namen und Gesicht zeigt, aber jede Menge andere Informationen liefert.

Andererseits stellt sich immer die Frage, ob die personenbezogenen Informationen überhaupt stimmen oder nur den Text lesbarer machen sollen. Es wäre interessant zu wissen wie das in der Regel gehandhabt wird.


***************************************************************************
Dieser Beitrag kann in Facebook in der Diskussionsgruppe dieses Blogs diskutiert werden:

Bitte hier klicken.

***************************************************************************

... link (2 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 22. Januar 2012
Top-Nachrichten: Das Dschungelcamp vs. Mord an Benno Ohnesorg
In der letzten Woche ist mir aufgefallen, dass einige Zeitungen und Zeitschriften, auffällig häufig über das RTL-Dschungelcamp berichteten, zum Beispiel Spiegel-Online oder die Frankfurter Rundschau. Ausgerechnet Medien, die sonst versuchen, seriös aufzutreten und den Schrott aus dem Privatfernsehen eher mal kritisch bewerten, wenn sie ihn nicht sogar gleich ganz niedermachen. Spiegel-Online scheint sogar täglich einen Dschungelkönig bzw. eine Dschungelkönigin zu küren.

Gibt es für diese ach so intellektuellen Medien nichts wichtigeres, worüber sie berichten können? Oder ist das Dschungelcamp etwa plötzlich etwas kulturell so wertvolles geworden, dass darüber sogar Spiegel & Co. (positiv) berichten müssen? Vielleicht geht man ja auf Leserfang unter den Fußballfans, die sich bis zum Ende der Winterpause vielleicht doch mal mit einem Ailton in einem Studio-Dschungel beschäftigen wollen?


Echte Nachrichten kommen zu kurz

Während beispielsweise Spiegel-Online ausführlich über diesen Z-Promi-Schwachsinn schreibt, kommt ein viel wichtigeres Thema viel zu kurz. Gut, vielleicht kommt da noch ein ausführlicherer Artikel. Es geht um die Tötung des Studenten Benno Ohnesorg durch den Polizisten und Stasi-Agenten Karl-Heinz Kurras während einer Demonstration gegen den Schah von Persien am 2. Juni 1967. In einem vergleichsweise knappen Artikel berichtet Spiegel-Online, dass Kurras den Studenten Ohnesorg nicht etwa in Notwehr erschossen hat, sondern in einer offenbar gefahrlosen Situation. Anscheinend ging Kurras mit ruhigem Schritt und die Pistole in der Hand auf Ohnesorg zu und knallte ihn einfach ab. Weiter wird berichtet, dass Polizei und Staatsanwaltschaft die Umstände dieses Zwischenfalls gezielt vertuscht haben. So wurde einige Zeugen (Polizisten) gar nicht befragt, andere wiederum gaben Falschaussagen von sich und der Leichnam des Ohnesorg wurde von Gerichtsmedizinern sogar noch manipuliert, um die Wahrheit zu vertuschen.
Spiegel, der sonst gerne mit dem Finger auf andere Leute zeigt und in jede Scheiße irgendetwas hineininterpretiert, hält sich da ganz schön zurück. Vielleicht interessiert es ja den durchschnittlichen Dschungelcamp-Zuschauer auch gar nicht, obwohl es das sollte.


Auch bei uns stinkt es zum Himmel

Solche Junta-Methoden kennt man sonst nur aus anderen Ländern mit fragwürdiger Rechtsstaatlichkeit, aber doch nicht aus Deutschland. Es ist nur eines von vielen Beispielen, das zeigt, dass unser System durch und durch faul und korrupt ist. Der Staat, der in der Theorie eigentlich für die Bürger da sein sollte, ist womöglich eine Gefahr für sie. Um fragwürdige Ziele zu erreichen (im Zweifelsfall die Macht- und Ressourcenanhäufung weniger), geht er über Leichen und manipuliert nicht nur die Köpfe der Menschen, sondern sogar die Ergebnisse der eigenen Taten. Und das sollte zu denken geben, insbesondere wenn man die Versuche, mit Hilfe von Anti-Piraterie-Gesetzen letztlich die Meinungsfreiheit im Internet zu beschränken, betrachtet. Big Brother lässt grüßen – und zwar nicht der von RTL II.

***************************************************************************
Dieser Beitrag kann in Facebook in der Diskussionsgruppe dieses Blogs diskutiert werden:

Bitte hier klicken.

***************************************************************************

... link (0 Kommentare)   ... comment