Freitag, 9. September 2011
Die Vererbung von Macht und Einfluss
Bereits vor einiger Zeit ist mir ein Phänomen aufgefallen, dass mich an glücklicherweise vergangene Zeiten erinnert, in denen die Nachkommen adliger Herrscher quasi automatisch die Macht, die Ressourcen und den Herrschertitel ihrer Eltern (meist des Vaters) erbten.
Mir ist aufgefallen, dass viele Personen, die in einer bzw. unserer Gesellschaft über hohes Ansehen, Macht und Einfluss (Politiker, Großunternehmer, auch Schauspieler) verfügen, diese – gleich den adligen Herrschern vergangener Zeiten – an ihre Kinder weitergeben oder sie selbst von ihren Eltern „geerbt“ haben.

Das ist an sich auch nichts Neues und eigentlich auch normal. Oft haben beispielsweise die Söhne den Beruf oder das Unternehmen des Vaters übernommen und das wohl auch schon über Jahrhunderte. Allerdings ist es meiner Meinung nach ein Unterschied, ob jemand auch Arzt wird wie die Eltern oder auch Bauer wie der Vater, oder ob der Nachkomme einer einflussreichen oder mächtigen Person ebenfalls einen Beruf oder einer „Aufgabe“ nachgeht, die ihm Macht und Einfluss beschert. Allen Fällen ist natürlich gleich, dass der Geldbeutel und der soziale Status der Eltern eine entscheidende Rolle bei der Zukunft ihrer Kinder spielt. Da kommt man auch wieder ganz schnell zum Thema „Eliten“, welche die Macht und die finanziellen Ressourcen untereinander verteilen.
Vielleicht liege ich bei der Einschätzung dieser Angelegenheit auch falsch, aber sie schwebt mir schon länger im Kopf und ich denke, dass sie trotz allem beobachtet werden sollte.


Beispiele der Vererbung von Macht und Einfluss

Ich möchte zunächst mal einige Beispiele anführen, um damit auch verständlicher zu machen was ich eigentlich sagen will.
Fangen wir mal an mit der gegenwärtigen Bundesministerin für Arbeit und Soziales Ursula von der Leyen. Ihr Vater war Ministerpräsident von Niedersachsen, also einflussreicher Politiker. Da stellt sich bei mir automatisch die Frage, ob sie jemals Politikerin geworden wäre, wenn ihr Vater bei der Müllabfuhr gearbeitet hätte. Ich bezweifle das stark.

Als nächste Beispiel führe ich Schauspielerin und Model Marie de Villepin an, Tochter des französischen Politikers und ehemaligen Premierministers Dominique de Villepin. Was wäre aus ihr geworden, wenn sie Tochter eines Lagerarbeiters in einer französischen Kleinstadt wäre?

Und eines der wohl bekanntesten Beispiele: George W. Bush, ehemaliger US-Präsident und Sohn von George H. W. Bush, der bekanntlich ebenfalls Präsident der USA war.


Vitamin B der „Eliten“

Es gibt zahlreiche weitere Beispiele, die ich aufführen könnte. Alle haben in der Regel gemeinsam, dass Nachkommen von politisch und gesellschaftlich hervorgehobenen Personen, die in der Regel natürlich auch wohlhabend sind, ebenfalls Berufe ausüben, die gesellschaftlichen Einfluss, Macht und natürlich auch jede Menge Geld bringen. Dabei stellt sich allerdings der begründete Verdacht ein, dass Einfluss, Macht und Geld ihrer Eltern es ihnen erst ermöglicht oder zumindest erleichtert haben in diese Position zu gelangen.
Wenn die Eltern der oben genannten alle einfach nur Obdachlose oder Straßenfeger gewesen wären, wäre auch die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie nicht in solche hervorgehobenen Positionen enden würden geendet hätten. Eine absolut triviale Vorstellung, ist ja klar, dass die äußeren Umstände maßgeblich dazu beitragen was später aus einem wird. Es gibt andererseits natürlich auch Personen, die eine Stellung von Macht, Reichtum und gesellschaftlichen Einfluss erlang haben, ohne über dieses Vitamin B der „Eliten“ zu verfügen – und das dürften auch gar nicht so wenige sein.

Allerdings frage ich mich bei Beispielen, wie den oben aufgeführten, warum ausgerechnet sie bessere Politiker und Schauspieler sein sollten, als die Kinder einfacher Arbeiter, die keine „Karriere-Sprungbrett-Eltern“ sind. Das ist die Sache, die mich nervt, die ungleiche Verteilung, nicht nur von Wohlstand, sondern auch die von Möglichkeiten, denn dieser Wohlstand, gepaart mit Macht und Einfluss, ergeben erst diese Möglichkeiten.


Der neue Adel?

Aber so unfair es auch sein mag, die „Vererbung“ von Möglichkeiten, Macht, Einfluss und auch Reichtum ist völlig natürlich – wer will sein Kind schon nicht fördern. Von dem berühmten Vitamin B, den Beziehungen, macht jeder Gebrauch. Allerdings ist es ein Unterschied, ob man mal ein Knöllchen wegen Falschparkens ungezahlt sein lassen, weil man zufällig die Politesse kennt oder ob Macht, gesellschaftlicher Einfluss und enormer Wohlstand ständig unter den Angehörigen bestimmter Familien und Menschen eines bestimmten Typs – nämlich den realitätsfremden „Eliten“ – verteilt wird.
So könnte sich im Laufe der Zeit eine Kaste gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und politischer „Eliten“ herausbilden, in die für die Nachkommen einfacher Arbeiter kein Einlass besteht. Vielleicht werden wir in 100 Jahren beherrscht von dieser Kaste aus „Kulturschaffenden“, Politikern, Großunternehmern und anderen „Elitären“, die uns vorgeben was Kultur ist, wie die Wirtschaft zu laufen hat und mit neuen Praktiken jenseits von Bild-Zeitung und Titten-RTL dumm halten.

Vielleicht werden sie sich aber auch in ihrer Gier nach Macht, Einfluss und Geld nicht bremsen können, so dass sogar dem Hardcore-„Mitten-im-Leben-Gucker“ auffällt, dass ihm die ganze Zeit ein Wolf im Schafspelz auf der Nase getanzt ist.


Möglich ist natürlich auch, dass ich falsch liege und mir unbegründet Gedanken darum mache, aber es musste jetzt mal ausgesprochen werden. Interessant wäre natürlich, wenn man einmal am Beispiel Deutschlands untersuchen würde, wie hoch der Anteil derjenigen unter eben diesen mächtigen und einflussreichen Personen ist, die von diesem speziellen „Eliten-Vitamin B“ ihrer Eltern profitieren oder profitiert haben. Gibt es vielleicht einen Trend dahingehend, dass politische Macht und gesellschaftlicher Einfluss mehr und mehr unter einem bestimmten Personenkreis verteilt werden? Ich vermute mal spontan, dass es so ist.

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