Dienstag, 11. Januar 2011
Elite für alle?
Wenn man sich mit der wachsenden Schere zwischen arm und reich beschäftigt, kommt man nicht umher sich auch mit dem Begriff "Elite" zu beschäftigen.
Man fragt sich, wer oder was "Elite" eigentlich ist. Sind "Eliten" besonders reiche und/oder gut gebildete Menschen? Sieht ein "normaler" "Bafög-Student" den Studenten einer privaten Universität mit Studiengebühren von mehreren Tausend Euro pro Semester, die er in der Regel nur durch seinen familiären Hintergrund (reiche Eltern) bezahlen kann als "Elite"?
Gleichzeitig sieht jemand mit niedrigem Schulabschluss den "Bafög-Studenten" vielleicht auch als "Elite", obwohl dieser sich selbst nicht so sieht.

Man merkt also, dass der Begriff "Elite" irgendwie schwammig ist und es vielleicht auch auf den Blickwinkel eines jeden Einzelnen ankommt, wie er oder sie "Elite" definiert.
Bezüglich dieser Problematik möchte ich das Buch von Julia Friedrichs empfehlen. In "Gestatten: Elite. Auf den Spuren der Mächtigen von morgen." geht sie dem Begriff "Elite" und denjenigen die sich als "Elite" sehen oder von anderen so gesehen werden nach. Einfach zu lesen, sehr empfehlenswert. Ihr Buch veranlasst mich auch diese Thematik hier aufzugreifen, die mich schon seit längerem beschäftigt. Tiefgreifender ist übrigens die Forschung des Soziologen Michael Hartmann, der sich wissenschaftlich mit der so genannten "Elite" beschäftigt.

Vitamin B - die "Beziehungen"

Wenn ich aus meiner Perspektive die "Elite" beschreibe, dann muss ich erst einmal sagen, dass ich diesen Begriff ablehne, da er nicht nur durch den Nationalsozialismus einen sehr negativen Beigeschmack hat, sondern er sowieso nur auf eine kleine Gruppe von Menschen zugeschnitten ist. Ich denke dabei an Adel und Monarchie, an die Herrschaft einiger weniger Privilegierter mit besonders guter Ausbildung (die "Elite"), da es ihnen finanziell möglich war, über eine Masse Unterprivilegierter, also Menschen ohne eine teure Ausbildung und Menschen ohne das "richtige Vitamin B". Anmerken muss man natürlich, dass ich "Bafög-Student" aus der Sicht eines Hauptschülers vielleicht auch "Elite" bin, obwohl ich mich selbst nicht so sehe. Und das gute alte "Vitamin B" benutzt jeder mal, wenn z.B. der Vater eines Freundes bei der Stadtverwaltung arbeitet und man durch ihn ein lästiges Knöllchen loswird.

Bei den so genannten "Eliten" ist das "Vitamin B" allerdings meist mehr als nur mal ein Knöllchen los werden. Menschen, die an so genannten "Elite-Universitäten" studieren und denen dort auch eingetrichtert wird, dass sie "Elite" sind und die sich dieses teure Studium oftmals nur deshalb leisten können, weil ihre Eltern es bezahlen können, haben eine ganz andere Sorte von "Vitamin B".

Sie genießen in der Regeln eine Lehre, die qualitativ besser ist, als an normalen (Hoch)Schulen. Kleinere Klassen und Kurse, bessere Ausstattung, verbessern natürlich die Lehrqualität. Weiterhin erhalten sie automatisch durch das Studium an einer Privatuniversität die richtigen Beziehungen in die Wirtschaft, wenn dafür teilweise auch sehr viel arbeiten. Allerdings will natürlich nicht jeder für große Wirtschaftsunternehmen arbeiten, die oftmals ihre Arbeiter und andere Menschen abzocken.
Für Rating-Agenturen beispielsweise zählt jemand von einer "Eliteschule" offenbar mehr, als jemand von einer normalen Hochschule, trotz gleicher Noten.

Elite=Adel=eine Kaste?

Diese "Eliten" lenken unter Umständen irgendwann Politik und Wirtschaft und sorgen dafür, dass dies auch so bleibt und dass ihre Kinder dies auch noch genießen werden. Wie viele Kinder von Politikern oder Unternehmern werden wohl auf einmal Straßenkehrer oder selbstlose "Weltverbesserer"!? - Nein, der süße Saft des Luxus und des übermäßigen Wohlstands ist einfach zu köstlich, um darauf verzichten zu können. Man muss sich ansehen, wie viele Kinder von Politikern ebenfalls eine politische Karriere einschlagen, was ihnen durch die Beziehungen des Vaters oder der Mutter natürlich leichter fällt. Da ist der Sohn des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy sicher nur die Spitze des Eisberges. Dazu hier ein Artikel: http://www.welt.de/politik/ausland/article4820241/Sarkozys-Sohn-23-soll-Milliardengeschaefte-lenken.html

Gleichzeitig haben es so genannte "Arbeiterkinder" oder Kinder mit "Migrationshintergrund" in Ländern wie Deutschland besonders schwer "aufzusteigen", wenn auch "aufsteigen" hier vielleicht nur Abitur und Studium an einer staatlichen Hochschule bedeuten.

"Elite" bedeutet immer, dass jemand anderes nicht "Elite" ist. Jemand ist bei gleicher Intelligenz oder gleichen schulischen Leistungen, einem anderen Menschen gegenüber finanziell und dadurch auch von der Ausbildung her privilegiert und ihm werden schon die Beziehungen, die über ein "Knöllchen nicht bezahlen" hinausgehen in die Wiege gelegt.

In Deutschland sehe ich das so, dass diese so genannte politische und wirtschaftliche "Elite" sich und ihre Nachkommen fördert und sich selbst immer in eine bessere Position zu setzen sucht. Durch ihre Beziehungen halten sie sich immer an den Schalthebeln der Macht und beruhigen das scheinbar dumme Volk mit "Brot und Spielen" z. B. in Form des Fernsehens, das die wirklich wichtigen Themen, die ich hier teilweise auch angesprochen habe, zu den schlechtesten Sendezeiten zeigt. Vielleicht wird dem "Otto-Normal-Bürger" auch suggeriert, dass die Probleme der Welt, der Politik und der Wirtschaft sich sowieso nicht ändern lassen und dass er sich also gar nicht aufzuregen braucht, sondern lieber weiter belanglose oder geradezu dumme Sendungen im Fernsehen "zur Entspannung" anschauen soll.

Es werden nicht alle gleichmäßig gefördert, sondern nur diese "Elite". An staatlichen Universitäten wird gespart, während für die "Elite" immer genug Mittel da sind. So werden einige wenige, die sowieso schon gute Startpositionen haben, noch weiter gepäppelt, während der große Rest verkümmert.
Ich komme nicht weg von dem Gedanken einer Adelsherrschaft, in dem die adeligen und dadurch wohlhabenden Menschen, die eine Minderheit stellen, über das "einfache Volk" ohne große finanzielle Mittel, ohne ausgezeichnete Ausbildung herrschen. Wenn man untersuchen würde, wie viele Kinder von Politikern und Unternehmern ebenfalls eine ähnliche Laufbahn einschlagen (oder eingeschlagen werden) wie ihre Eltern, würde es mich nicht wundern, wenn man Tendenzen zu einer politischen und wirtschaftlichen Kaste erkennen würde, die zwar von uns, den "Untertanen" lebt, aber uns nicht am politischen Entscheidungsprozess teilhaben lässt.

Diese "Elite" entscheidet über Arbeitsplätze, um Existenzen ganzer Familien, während sie auf rauschenden, exklusiven Parties Champagner aus 15-Liter Flaschen zu etwa 1000€ das Stück trinkt und auch sonst das Geld mit vollen Händen geradezu verschwendet. Jeder unnötige, luxuriöse Mist wird mitgemacht, denn Geld spielt ja (für diese Leute) keine Rolle. Das sind Leute, wie Mitglieder der "Schwarzen Karte", einer exklusiven Partygemeinschaft, bei der nur mitmachen kann, wer über einen ausreichend großen Geldbeutel verfügt.
Dazu: http://www.schwarzekarte.de/

Luxus tötet!

Es ist fatal, auch für diese so genannten "Eliten" selbst, zu glauben, dass man die Mehrzahl der (wirtschaftlichen) Ressourcen, die politische Gewalt und andere Privilegien ohne mittel- und langfristige Konsequenzen in die Hand eben dieser "Eliten" legen kann. Wenn immer nur ein Teil gefördert und bevorzugt wird, wird sich der andere Teil irgendwann erheben, auch wenn es nicht danach aussieht.
Besser wäre eine, vereinfacht gesagt, "Gleichmachung" (auch im globalen Sinne), bei der alle Teile möglichst gleiche Möglichkeiten, gleiche Rechte und gleiche Pflichten haben. Aber das wird der bevorzugte Teil freiwillig kaum wollen, da es bedeuten würde, dass sie etwas abgeben würden, also verlieren würden. Man bedenke welch eine Katastrophe es für die Verantwortlichen von "Stuttgart 21" wäre, wenn sie ihre Entscheidungsgewalt bezüglich des Neubaus des Stuttgarter Hauptbahnhofes mit dem einfachen Volk, dem so genannten "Pöbel" teilen müssten. Dann würde nicht eine "Elite" entscheiden, sondern eine breite Masse, also sozusagen die Mehrheit.

Polaritäten, wie zwischen arm und reich, "Elite" und "Nicht-Elite", gebildet und ungebildet, waren auf lange Sicht nie förderlich für die Allgemeinheit und werden es auch nie sein, auch nicht für diejenigen, die dadurch profitieren.


Zu diesem Thema könnte man eigentlich noch viel mehr schreiben, ich habe jetzt sicherlich auch (noch) nicht alles dazu geschrieben, was mir so einfällt und was es eigentlich zu schreiben gäbe.

Aber abschließend muss ich noch daran erinnern: "Luxus tötet!" - irgendwann auch diejenigen, die noch im verschwenderischen Luxus leben.

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