Samstag, 6. August 2011
Die „Elitisierung“ Deutschlands
Zum Thema „Eliten“ gibt es mal wieder einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung (SZ, Nr 180, 6./7. August 2011), der aber leider (noch) nicht online verfügbar ist. Ich kann hier jetzt nicht den ganzen Artikel wiedergeben, doch sind diesmal geschlossene Clubs und Gesellschaften das Thema.


Party with the „best“, but you will die like the rest

Die SZ stellt in dem Artikel einige exklusive (=ausschließende) Clubs und (Geheim)gesellschaften vor, bei denen eine Mitgliedschaft Normalsterblichen bzw. „Normalverdienenden“ scheinbar unmöglich ist. Außerdem ist ein kleines Interview mit dem Soziologen und „Elitenforscher“ Michael Hartmann abgedruckt. Dieser sieht in Deutschland einen Trend zu „elitären“ Clubs und Gesellschaften, bei denen er – völlig zurecht – das Problem sieht, dass in solchen „Eliteclubs“ Macht, Geld und sonstige Vorteile akkumuliert und an Mitglieder verteilt werden können und auch werden.

Es treffen sich also die angebliche „Elite“ (ich verabscheue diesen Begriff in diesem Zusammenhang) aus Politik, Wirtschaft, der gehobenen Mittelschicht, welche nach dem Artikel einen Statusschwund befürchtet, und auch der Kultur, um gemeinsam schick abzuhängen, meist dekadent zu feiern und natürlich Geschäfte abzuwickeln.


Mehr für Wenige, weniger für die Mehrheit

Das Hauptproblem an solchen Clubs und Gesellschaften und gleichsam an der ganzen so genannten „Elite“ ist, dass sich Erfolgreiche treffen, um – unter Ausschluss von weniger Erfolgreichen – noch mehr Erfolg, womit in erster Linie finanzieller Erfolg, also Profit gemeint ist, zu produzieren.

Wie Hartmann es meinte, kann man es so zusammenfassen:
Einige Wenige (die so genannte „Elite“) treffen sich und betreiben mit Hilfe dieser exklusiven Treffen eine Vermehrung und Verteilung von Geld und Macht untereinander. Das bedeutet also, dass diese Leute, die in der Regel sowieso über viel Macht und Ressourcen verfügen, diese auch nur untereinander verteilen. Alle anderen, die große Mehrheit, bleibt ausgeschlossen.
Vergleichbar wäre dies auch mit der EU. In die EU kommt auch nicht jeder rein, es ist auch nicht jeder willkommen, aber (fast) alle wollen rein (siehe Flüchtlingsproblematik). Gleichzeitig werden Ressourcen beispielsweise in Form von Subventionen innerhalb der EU verteilt, während der Rest ausgeschlossen bleibt und sich über unfaire Praktiken ärgern kann, oder eben versuchen kann Teil des Ganzen zu werden, indem er beispielsweise als Flüchtling versucht, hierher zu gelangen.

„Eliten“, geschlossene Clubs und Gesellschaften haben immer auch das Problem, dass sie polarisieren. Zum einen sind da diejenigen, die sich für etwas besseres halten und in der Regel eine hohe Schulbildung haben und über große materielle Ressourcen (=Geld) verfügen. Sie sind aber nur eine Minderheit. Zum anderen sind da diejenigen, der große Rest, der nicht immer über eine hohe Schulbildung verfügt und über viel Geld sowieso nicht. Sie sind nicht drinnen, sie haben NICHT die Kontakte, die ihnen auch helfen könnten, sie fallen nicht in den Verteiler von Macht und Geld.
Macht und Geld werden dort verteilt, wo es eigentlich am wenigsten notwendig ist. Die Mächtigen und Reichen verteilen sich einander immer mehr Macht und immer mehr Geld, während der große Rest sehen kann wo er bleibt. Im Prinzip funktioniert unsere Politik, genauer das „System“, heute auch so. Die Kasten der Politik und Wirtschaft verschieben untereinander Macht und Geld.


Polarisation ermöglicht klare Feindbilder


Ich persönlich frage mich, ob diesen „Eliten“ überhaupt bewusst ist, dass sie durch diese selbsterzeugte und oft in den Medien zelebrierte Polarisation zwischen „Elite“ und Nicht-„Elite“ letztlich die Entstehung von zukünftigen Konflikten fördern.

Angesichts der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage, das auf unendlichem Konsum von endlichen Ressourcen begründete Kapitalsystem, steht vor dem endgültigen Fall, ist es doch absehbar, dass die große Mehrheit der Nicht-„Elite“ vor großen Problemen steht, während die „Eliten“ im Überfluss baden. Dies ist sowohl auf nationaler, als auch auf globaler Ebene der Fall. Man darf nicht vergessen, dass die Mehrheit von materiellen und finanziellen Ressourcen in den Händen einer Minderheit ist, während die Mehrheit nur über eine Minderheit dieser Ressourcen verfügt.
Vielleicht wäre dies vor 100 Jahren anders verlaufen, doch moderne Kommunikation (Internet) ermöglichen nicht nur den schnellen, globalen Informationsaustausch, sondern auch den Informationserwerb. Dumm zu bleiben bzw. die Massen dumm zu halten ist heute viel schwieriger als noch vor 100 oder gar 50 Jahren.

Eine Umverteilung der Ressourcen und auch eine Neuordnung des gesellschaftlich-politisch-wirtschaftlichen Systems scheint also langfristig unvermeidlich.
Genau diese Abgrenzung zwischen „Elite“ (reich und mächtig) und Nicht-„Elite“ (arm und scheinbar machtlos) und die Ungleichmachung von Menschen, ja von ganzen Bevölkerungsschichten, fördern eine klare Abgrenzung der Fronten. Der Feind der Massen feiert sich noch selbst, doch werden Brot und Spiele irgendwann nicht mehr reichen und auch gar nicht mehr vorhanden sein, um den status quo aufrechtzuerhalten.

Diese „Eliten“ unterschätzen nicht nur die Macht der Gier und des Neides, sondern sie überschätzen auch sich selbst. Sie machen sich selbst durch ihr öffentliches Gebahren und auch durch die Tatsache, dass sie – salopp gesagt – zu viel und ihre Mitmenschen zu wenig haben, zum Feindbild.

Wenn jemand unbedingt rein will, aber nicht reingelassen wird, versucht er es eben mit Gewalt und das wird blutig enden. Luxus tötet eben doch!

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